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Selbstverständnis der Ladiyfestcrew

Unser Ladiyfest ist eine selbstorganisierte, unkommerzielle, queer-feministische Veranstaltung. An diesem verlängerten Wochenende wollen wir es ordentlich krachen lassen – auf Konzerten mit tollen queer-feministischen Bands und anschließender Party, in empowernden Workshops, bei Aktionen auf der Straße, im politischen Austausch! Als unter anderem: Musiker*innen, Künstler*innen, Schriftsteller*innen, Bastler*innen, Blogger*innen, Computer- und NetzwerkNerds, Aktivist*innen, Wissenschaftler*innen und Handwerker*innen bespielen wir das Programm. Wir wollen damit (zumindest zeitweise) die Geschlechternormativität überwinden – die, wenn auch unbewusst, nicht nur im Alltag, sondern auch in der anarchistischen DIY Szene selbst gelebt wird.

Das Ladiyfest reiht sich ein in eine Geschichte von Lad(i)yfesten, deren Idee in den 2000ern aus der RiotGrrrl- Bewegung heraus entstanden ist. Dabei ging es auch darum, die Position von Frauen in der cis- männlich dominierten Musikszene sichtbar zu machen und zu stärken. Der Begriff „Lady“ sollte fortan neu besetzt werden – sozusagen als Bezeichnung der erwachsen gewordenen Riot Grrrls. Mit der Erweiterung des Ladyfests zu LaDIYfest wollen wir das binäre, normative Geschlechtersystem aufbrechen, welches nach wie vor einige von uns mit dem Begriff „Lady“ verbinden. Das heißt: bewusster machen, dass in dieser Welt mehr als nur zwei Geschlechtsidentitäten existieren, und Ausschlüsse, die auch in der queer-feministsichen Bewegung stattfinden, thematisieren. Auch rassistische Ausschlüsse haben schon immer auch in der feministischen Szene stattgefunden, wenn wohl selten bewusst. Wir wollen gemeinsam für einen Feminismus zu kämpfen, in dem wir unsere Unterschiede feiern können.

Dieses Festival ist also selbstorganisiert. Es lebt von uns allen und wir ziehen es gemeinsam auf: mit dem Wissen, den Perspektiven, dem Können, den Kontakten und den Sachen, die jede* einzelne* mitbringt und von sich teilen mag. Wir nehmen aktiv Teil an den gesellschaftlichen Zuständen, tauschen uns miteinander über unsere Kämpfe aus, vernetzen uns und lernen voneinander. Emanzipatorisch, stärkend, konstruktiv.

Wir alle wissen: Nicht nur heteronormative cis-Männer organisieren Konzerte, vertreiben Zines, machen Musik, performen, schreiben oder sind anderweitig kreativ. Menschen mit anderen Geschlechtsidentitäten sind zwar allgemein unterrepräsentiert, sind aber auch in der unkommerziellen (D.I.Y.) Szene aktiv. Wir möchten dem kreativen Einsatz von FLTI*s und sexuell nicht normativen Menschen beistehen, sie fördern, sowie uns selbst einbringen.

Es ist das erste Mal nach fünf Jahren, dass sich eine neue Gruppe zusammengetan hat, um ein weiteres Ladyfest bzw Ladiyfest in Leipzig miteinander zu organisieren. Nach wie vor – oder auch wieder – ist die Situation in den meisten Ländern miserabel für viele Menschen, die aufgrund ihrer Geschlechtsidentität, ihrer Herkunft, ihrer Hautfarbe, ihrer Sexualität und/oder ihrer Beziehungskonzepte diskriminiert werden. Deshalb wollen wir versuchen, das Ladiyfest 2017 verstärkt für den Austausch und das Netzwerken mit queer/feministischen Bewegungen und Gruppen zu nutzen: Wie sind die Situationen hier und an anderen Orten für die erwähnten Marginalisierten? Wie sehen ihre und unsere emanzipatorischen Positionen aus? Welche Bündnisse bestehen schon innerhalb der gesellschaftlichen Kämpfe? Und wie können radikale Widerstandsstrukturen gemeinsam entwickelt und aufgebaut werden? Da stellt sich für uns die Frage, wie eine übergreifende queer- feministische Bewegung gestaltet werden kann, in der unterschiedliche queere und / oder feministische Ansätze und Lebensrealitäten einen Platz haben. Wir wollen mehr Möglichkeiten schaffen, uns gegenseitig zu unterstützen, hör- und sichtbar zu sein!

Am gleichen Wochenende finden noch zwei andere große Events statt: zum einen die Demo zum „Internationalen Tag gegen Homo-, Inter*- und Trans*feindlichkeit“ (IDAHIT) in Leipzig zu der auch wir aufrufen, und zum anderen das „Tribunal: NSU Komplex auflösen!“ in Köln: ein historischer Prozess gegen die gesamte gesellschaftliche Vernetzung des NSU. In diesem öffentlichen Prozess sollen endlich vor allem auch die Betroffenen des rechtsextremen Terrors zu Wort kommen. Diese Veranstaltung soll während des Ladiyfests per Live-Ticker mitverfolgt werden. Wir wollen all diese wichtigen Ereignisse unbedingt miteinander vernetzen, um deutlich zu machen, dass unserer Meinung nach verschiedene queere, feministische und antirassistische Kämpfe zusammengehören!

Einladungspolitik & Awareness

Das Ladiyfest richtet sich in erster Linie an Menschen, die sich als FLTI* definieren und queer/feministisch verorten. FLTI* – Abkürzung für Frauen, Lesben, Trans, Inter – soll auch andere marginalisierte Geschlechtsidentitäten einbeziehen, die hier nicht explizit erwähnt sind. Die meisten Workshops werden für FLTI* angeboten - die Einladungspolitik und die Inhalte der Workshops wurden den Anleitenden überlassen. Die Konzerte, Parties und Lesungen allerdings sind offen für alle, die sich mit der Ladiyfest-Idee solidarisieren.

Warum wir das Ladiyfest zumindest tagsüber während der Workshops zu einem nahezu exklusiven Raum für FLTI* machen, ist darin begründet, dass wir uns wenigstens für eine Weile der patriarchalen Dominanzgesellschaft entziehen wollen, um uns miteinander auszutauschen und zu organisieren, geile Sachen zu machen und Spaß zu haben, ohne uns mit den alltäglichen patriarchalen Machtverhätnissen herumschlagen zu müssen.

Da wir alle diese Strukturen verinnerlicht haben und in unseren täglichen Leben reproduzieren, bitten wir uns alle darum, aufmerksam zu sein – aufeinander zu achten und einander zu respektieren. Aufeinander zu achten kann z. B. auch heißen, die eigenen Privilegien, z. B. weiße - oder cis-Privilegien, auf dem Schirm zu haben. Dabei geht es auch darum, uns in unseren Selbstdefinitionen zu respektieren. Zum Beispiel sind Pronomen nichts, was mensch einer Person ansehen kann. Hier ist ein sensibler aber auch offener Umgang miteinander wichtig, damit sich möglichst viele wohl fühlen können.

Selbstverständlich ist uns auch wichtig, dass ihr in Situationen, in denen ihr sexistisches, rassistisches, trans-, inter- oder homofeindliches – allgemein diskriminierendes – Verhalten beobachtet, den betroffenen Personen Unterstützung anbietet. Achtet auch auf eure eigenen Grenzen. Wenn es zu Vorfällen kommt und ihr euch allein gelassen fühlt, könnt ihr euch auch gerne an Leute von der Orga (an der Bar, am Einlass) wenden – sie werden versuchen, euch weiterzuhelfen. Wir planen, für die Dauer des Festivals eine Art Awareness-Team zusammenzustellen.

Wer wir sind

Unsere Gruppe ist offen für alle, die sich als FLTI* definieren. Momentan sind wir alles Menschen die sich aufgrund der eigenen und/oder der gesellschaftlichen Zuschreibung als Frauen verstehen bzw. gesehen werden. Feministinnen sind wir alle – wir kommen aus unterschiedlichen (queer-)feministischen Strömungen, und wollen im Bündnis dieses Festival stemmen. Im Klartext: wir sind keine homogene Gruppe, die alles ins Detail ausdiskutiert hat. Nicht alle teilen die gleichen Standpunkte, uns verbindet auch die Auseinandersetzung mit unseren verschiedenen emanzipatorischen Positionen.

Antinormativ bzw queer/feministisch positioniert, motiviert uns die Idee eines Ladiyfestes. Ohne Patriarchat oder unterdrückende Genderkonzepte. Für Freiheit, für Mut, Spaß und Selbsterkenntnis. Um Veränderungen mitzugestalten.

Wenn ihr euch beteiligen wollt (z.B. bei Orga, Barschichten, Awarenessteam,…) könnt ihr uns gern unter folgender Email-Adresse kontaktieren: infoandsupport at autistici punkt org

Wir melden uns dann baldmöglich bei euch zurück für nähere Infos.